„2020, ein Jahr wie kein anderes“. Diesen Satz haben wir alle in der letzten Zeit sehr oft gelesen, aber auch für den Wertpapierleihemarkt ist er absolut zutreffend.
Nach den unvorhergesehenen Ereignissen, welche die Welt im letzten Jahr prägten, sind die Prognosen zum Wertpapierleihemarkt für das Jahr 2021 schwieriger denn je. Exogene Einflüsse bergen weiterhin erhebliches Potenzial für Überraschungen. Doch Sascha Gaurilavas, Experte für Wertpapierleihe bei BNP Paribas Securities Services und Andrew Geggus, Global Head of Agency Lending Trading, sehen auch Gründe zum Optimismus.
Womit wir 2020 richtig lagen
Die Leihe-Prognosen zum Verlauf des Jahres 2020 wurden schnell von der rasanten Ausbreitung des Coronavirus überholt. Nichtsdestotrotz lagen wir mit unserer Einschätzung zur wachsenden Bedeutung des Asia-Pazifik-Raums richtig sowohl für Europäische Verleiher, als auch für asiatische Leihe Akteure. BNP Paribas Securities Services hat in 2020 in dieses Marktwachstum durch die kürzlich erfolgte Eröffnung eines neuen Handelstisches in Hongkong investiert.
„Gerade für unsere immer globaler aufgestellten Investoren, ist es wichtig, die Zusatzerträge der Wertpapierleihe in möglichst allen Märkten zu erhalten.“ beobachtet Gaurilavas im aktuellen Marktgeschehen.
„Trotz der vorübergehenden Leerverkaufsverbote in Südkorea und Malaysia entwickelt sich der Markt im gesamten Asia-Pazifik-Raum dynamisch weiter“, stellt Geggus fest. „Ein Beispiel hierfür ist die kürzlich erfolgte Einführung von erleichterten Leerverkäufen und Finanzierungen von Margin Calls für globale Investoren in China im Rahmen des Qualified Foreign Institutional Investor Programms.“
Auch die weiterhin robuste Nachfrage nach qualitativ hochwertigen und hochliquiden Wertpapieren (HQLA) war für uns vorhersehbar. Dabei geht es bei einem Leihgeschäft vor allem darum, hierdurch regulatorische Liquiditätsanforderungen zu erfüllen. Wir beobachten bei unseren Kunden, dass Flexibilität, sowohl bei der Akzeptanz von Sicherheiten (Collaterals) als auch bei unterschiedlichen Laufzeiten ein immer entscheidenderes Kriterium wird. Es zeigt sich, dass die Kunden, die ein breites Spektrum an Sicherheiten mit unterschiedlichen Laufzeiten akzeptieren konnten, den besten Leihe-Return hatten.
„Wir rechnen hier mit einem nachhaltigen Trend“, so Geggus. „Flexibilität wird bei Sicherheiten und Laufzeiten ein immer wichtigerer Faktor, wenn es um die Steigerung der Portfoliorentabilität geht.“
„Unser Wertpapierleiheprogramm ist flexibel anpassbar, sodass jeder Kunde seine Risikostrategie auch für die Wertpapierleihe umsetzen kann. Dies erfolgt immer im Rahmen der gesetzlichen Vorgaben (z.B. §200KAGB)“ ergänzt Gaurilavas.
Die andere wichtige Entwicklung, war die Umsetzung der wegweisenden EU -Verordnung zur Transparenz von Wertpapierfinanzierungsgeschäften (SFTR-Verordnung). Den Leihegebern und -nehmern wurden umfangreiche Berichts- und Transparenzanforderungen auferlegt, sowie Meldeverpflichtungen. Es handelt sich dabei um das größte regulatorische Vorhaben, mit dem sich der Wertpapierleihemarkt in den letzten Jahren konfrontiert sah. Die Vorbereitungen waren entsprechend aufwändig. Für unsere Agency Lending Kunden übernehmen wir die Meldeverpflichtungen ohne zusätzliche Kosten.
Was bringt das Jahr 2021?
Der Ausblick deutet auf einen Spagat zwischen Unsicherheit und Optimismus hin.
- Die Folgen der Coronapandemie werden andauern
Die Impfprogramme laufen auf Hochtouren. Angesichts steigender Infektionsraten, der Verbreitung neuer Virusvarianten und der Notwendigkeit einer anhaltenden Eindämmung durch erweiterte Beschränkungen ist allerdings noch immer kein klarer Ausweg aus der globalen Gesundheitskrise zu erkennen.
Dazu Geggus: „Bis sich die Situation geklärt hat, bestehen enorme Unsicherheitsfaktoren in Bezug auf die Weltwirtschaft und die Aussichten auf eine Normalisierung in den kommenden Monaten und Jahren. In der Zwischenzeit werden Zentralbanken und Regierungen ihre Sonderkonjunkturprogramme fortsetzen. Dies wiederum verschärft die Fragestellungen, wie die Staaten den derzeitigen Schuldenstand verkraften und letztendlich wieder abbauen können. Ob sich die enormen Liquiditätsspritzen ohne negative Auswirkungen auf die Wirtschaft und den Arbeitsmarkt zurückführen lassen wird sich zeigen.“
Gaurilavas fügt hinzu: „Die negativen Zinsen, und damit die Suche nach Erträgen, werden uns noch lange Zeit begleiten. Umso wichtiger ist es, andere Wege zu finden, um die Rendite zu steigern“.
Für die Wertpapierleihe, sind die Aussichten für die kommenden Jahre positiv.
„Mehr Asset Owner und Asset Manager als je zuvor prüfen die Teilnahme an Wertpapierleiheprogrammen“, sagt Geggus. „Neue Märkte erschließen sich für die Wertpapierleihe, neue Handelsoptionen und -strategien werden fortwährend ausgelotet. Wir sehen außerdem Technologie- und Effizienzentwicklungen, die unserem Geschäft neue Impulse geben werden.“
„In den letzten Jahren lag der Fokus vor allem auf Automatisierung und dieses Thema bleibt aktuell“, erklärt er. „In jüngster Zeit beobachten wir neue Entwicklungen in den Bereichen Distributed-Ledger-Technologie, künstliche Intelligenz und maschinelles Lernen, die allesamt spannende Zeiten für die Wertpapierleihe versprechen.“
- Die Regulierung wird die Wirksamkeit der Programme auf die Probe stellen
Die Regulierung wird uns weiter beschäftigen. Nach der Umsetzung der SFTR-Verordnung richtet sich das Augenmerk der Branche im kommenden Jahr auf die CSDR Verordnung. Diese hat zum Ziel, die Effizienz des Marktes zu steigern.
„Da die Verordnung am 1. Februar 2022 in Kraft treten soll, will der Markt sich Klarheit über den endgültigen Anwendungsbereich verschaffen und alle Auswirkungen der potenziellen automatischen Buy-Ins und Strafzahlungen verstehen“, sagt Geggus.
„Wir beschäftigen uns sehr intensiv mit der Umsetzung dieser Verordnung, nicht nur aus der Sicht des Leihe-Agent, auch aus der Sicht des Global Custodian. Wir sehen diese Verordnung auch als Chance. Die Erträge in der Wertpapierleihe könnten steigen, da wir mit erhöhter Nachfrage nach Wertpapieren rechnen, welche zur Erfüllung von Lieferverpflichtungen benötigt werden“ stellt Gaurilavas fest.
- Balance zwischen den Prioritäten von ESG und Wertpapierleihe
Ein weiterer Trend, der in den Vordergrund rückt, ist der Fokus auf ESG-Prinzipien. In den letzten Jahren haben wir hier eine Entwicklung vom Rand- zum Top-Thema erlebt.
Wie sich dieses verstärkte Augenmerk auf ESG-Faktoren auf die Wertpapierleihebranche auswirken wird, ist noch unklar. Da es aber bei ESG-Themen keine Standardlösung gibt, dürfte die Nachfrage nach individuellen Dienstleistungen zunehmen.
Gaurilavas sagt hierzu: „Die zu akzeptierenden Sicherheiten müssen individuell anpassbar sein, um die ESG Vorgaben unterschiedlicher Kunden erfüllen zu können. Außerdem muss sichergestellt werden, dass der Inhaber der Wertpapiere diese rechtzeitig zur Stimmabgabe bei der Hauptversammlung zur Verfügung hat.“ In beiden Bereichen steht die BNP Paribas bereit, ihre Kunden entsprechend zu unterstützen.
Wie jede Veränderung wird die ESG-Integration die Branche auf die Probe stellen. „Ich glaube, dass ESG ein echter Impulsgeber für Nachhaltigkeit ist.“ – Sascha Gaurilavas
Auswirkungen auf die Programme der Verleiher
Die Entwicklung im Jahr 2021 wird auf jeden Fall Herausforderungen und Chancen für die Marktteilnehmer mit sich bringen. In welchem Umfang die Herausforderungen bewältigt und die Chancen maximiert werden können, werden zu einem großen Teil die Verleiher und deren Agenten bestimmen.
„Die Auswirkungen auf die Erträge der Programme hängen natürlich davon ab, was die Kunden erreichen wollen“, erklärt Geggus. „So können beispielsweise Agent Lender wie die BNP Paribas ihre Kunden bei der Umsetzung ihrer ESG-Anlagepolitik unterstützen und gleichzeitig Möglichkeiten zur Optimierung der generierten Erträge bieten. Kunden, die ihre Stimmrechte ausüben möchten, müssen Systeme einrichten, die eine rechtzeitige Rücklieferung gewährleisten. Ein guter Agent Lender kann hier bei der Umsetzung helfen und gleichzeitig die Performance der Programme aufrechterhalten.“
Geggus und Gaurilavas empfehlen jedem angehenden Verleiher, der einen Einstieg in den Wertpapierleihemarkt erwägt, sich bewusst zwischen dem Agent- und Principal-Modell zu entscheiden. Anschließend gilt es, die Programmziele mit dem Wertpapierleihe-Anbieter zu besprechen und dessen Fachkompetenz zur Ertragssteigerung zu nutzen. „Sei es durch eine größere Flexibilität bei den Sicherheiten oder das Zulassen von Laufzeitgeschäften – es gibt viele Möglichkeiten, wie ein erfahrener Partner für die Wertpapierleihe den Verleihern helfen kann, die Performance zu maximieren.“
Mit der Zeit gehen
Bei der Anpassung der Dienstleistungen rund um die Wertpapierleihe an die Marktentwicklung und die Prioritäten unserer Kunden verfolgen wir bei BNP Paribas Securities Services kontinuierlich das Ziel der Performance-Optimierung bei gleichzeitiger Risikoüberwachung. Nachhaltige Investitionen in unsere Technologie und unsere Mitarbeiter sind hierbei von maßgeblicher Bedeutung.
„Wir sind stets bestrebt, die Effizienz unseres Unternehmens durch technologische Weiterentwicklung zu erhöhen und gleichzeitig sicherzustellen, dass wir die besten Mitarbeiter haben, um unsere Kunden weltweit optimal zu unterstützen“, so Geggus. „Das ist nicht nur eine kurzfristige Investition, sondern eine langfristige Verpflichtung. Die Branche ist ständig im Wandel. Deshalb ist Anpassungsfähigkeit entscheidend, wenn wir den Ertrag für unsere Kunden durch die Wertpapierleihe weiterhin steigern wollen.“
Zusammenfassend erklären die beiden Experten:
„Wir haben ein klares Ziel vor Augen: Die Position von BNP Paribas als technologischer Marktführer in der Wertpapierleihe zu festigen und bei der Zusammenarbeit mit Kunden zur Erreichung ihrer ESG-Ziele und Ambitionen wegweisend zu sein – und das alles bei einem umsichtigen Umgang mit Risiken. Unsere Kunden stehen bei uns stets im Mittelpunkt. Ihr Erfolg ist unser Erfolg!“