Die Europäische Kommission hat am 16. März 2022 eine Überprüfung der Verordnung über Wertpapierzentralverwahrer (CSDR-REFIT) vorgeschlagen. Am 27. Juni 2023 einigten sich das Europäische Parlament und der Europarat auf einen Kompromisstext für die REFIT-Überprüfung der CSDR. In der Zwischenzeit wurde der Sanktionsmechanismus von den obligatorischen Eindeckungen (Buy-in-Pflicht) abgekoppelt und die mögliche Anwendung der Buy-in-Pflicht auf November 2025 verschoben, damit im Zuge der REFIT-Überprüfung ein Vorschlag für eine neue Abwicklungsdisziplin vorgelegt werden kann.
CSDR-REFIT: Kernpunkte der vorläufigen Einigung
- Der Sanktionsmechanismus wird von der Buy-in-Pflicht abgetrennt
- Keine Strafzahlungen a) bei fehlgeschlagenen Abwicklungen, deren Ursache nicht bei den Teilnehmern an den Transaktionen liegt, oder b) bei Geschäften, die nicht als Handel betrachtet werden (durch einen delegierten Rechtsakt näher zu bestimmen)
- Die Buy-in-Pflichten dürfen nur in einer begrenzten Anzahl von Fällen umgesetzt werden. Die Buy-in-Pflichten gelten nicht für Wertpapierfinanzierungsgeschäfte oder für sonstige Arten von Transaktionen, die den Buy-in-Prozess überflüssig machen (durch einen delegierten Rechtsakt näher zu bestimmen)
- Für die Buy-in-Pflichten werden Weitergabe-Mechanismen eingeführt sowie Entschädigungen bei fehlgeschlagener Eindeckung
- Zur geplanten Einführung der Buy-in-Pflichten muss die Europäische Kommission:
- am Ende des Verlängerungszeitraums die Auswirkungen auf den Markt und die Bedingungen für fehlgeschlagene Abwicklungen prüfen,
- eine Buy-in-Pflicht für notwendig, angemessen und verhältnismäßig erachten und sich mit dem Europäischen Ausschuss für Systemrisiken (ESRB) und der Europäischen Wertpapier- und Marktaufsichtsbehörde (ESMA) beraten
- Es gibt keine Vorgabe, einen T+1 Abwicklungszyklus einzuführen. Die ESMA wird über eine mögliche Verkürzung des Abwicklungszyklus berichten
Die Überprüfung der CSDR im Rahmen des REFIT-Programms (Programm zur Gewährleistung der Effizienz und Leistungsfähigkeit der Rechtsetzung der Europäischen Kommission) wurde ursprünglich von der Europäischen Kommission vorgeschlagen, um die Anwendung der Verordnung zu vereinfachen und Änderungen einzuführen, die grenzüberschreitende Dienstleistungen erleichtern. Weitere Maßnahmen im Rahmen der CSDR-REFIT-Einigung betreffen die Vereinfachung der Anforderungen für die „Passerteilung“ (Passporting) für Wertpapierzentralverwahrer (CSDs) (Zeitrahmen, Benachrichtigung und Überprüfung der Bewertung), zusätzliche Möglichkeiten für die Erbringung von bankartigen Nebendienstleistungen (mit überarbeiteten Schwellenwerten und Bedingungen) und eine verstärkte Zusammenarbeit zwischen den Aufsichtsbehörden durch die Forderung nach der Einrichtung von Aufsichtskollegien für bestimmte CSDs.
Für unsere Kunden hat die CSDR eine Vielzahl von Auswirkungen. Diese lassen sich grob einteilen in die Themenbereiche erweiterte Anforderungen an Zentralverwahrer, internalisierte Abwicklungsmeldungen und Abwicklungsdisziplin.
Abwicklungsdisziplin (SDR)
Die Einführung der SDR ist nicht gerade glatt gelaufen: Zunächst wurde sie aufgrund der Coronapandemie auf den 1. Februar 2022 verschoben, dann wurde die Buy-in-Pflicht vom Sanktionsmechanismus abgekoppelt.
Die SDR betrifft alle Marktteilnehmer und die Abwicklungseffizienz ist entscheidend für die Erfüllung der SDR-Anforderungen.
Mit der Abwicklungsdisziplin sollten einige Aspekte des Abwicklungszyklus harmonisiert und neue Regeln für Strafzahlungen und Buy-ins eingeführt werden. Von der SDR betroffen sind Handelspartner, zentrale Gegenparteien (Central Counterparties – CCPs) sowie Handelsplätze. Auch wenn die Buy-in-Pflicht im Februar 2022 nicht in Kraft getreten ist, müssen die Maßnahmen in Bezug auf Strafzahlungen für fehlgeschlagene Abwicklungen umgesetzt werden. Dabei haben sich die Maßnahmen seit ihrem Inkrafttreten am 1. Februar 2022 als schwierig zu implementieren erwiesen.
In dieser Folge unseres Podcasts „Thinking Aloud“ beleuchten wir die Umsetzung der Abwicklungsdisziplin. (Dieser Podcast wurde im November 2022 aufgezeichnet und berücksichtigt nicht die im Juli 2023 zwischen dem Europäischen Parlament und dem Europäischen Rat erzielte Einigung. Sie ist in englischer Sprache.)
Standpunkt von Securities Services
Die europäische Finanzbranche weist schon seit langem auf die mögliche operative und administrative Komplexität der Buy-in-Pflicht hin. Die Einigung bei der REFIT-Überprüfung der CSDR stellt eine Verbesserung gegenüber dem ursprünglichen Vorschlag dar, aber die Bestimmungen zur Buy-in-Pflicht sind nach wie vor Teil der Einigung und die noch festzulegenden Maßnahmen der Stufe 2 könnten die verbleibende Komplexität der Einführung einer Buy-in-Pflicht verdeutlichen.
Die bei der Umsetzung der Sanktionen im Februar 2022 beobachteten Schwierigkeiten und ihre Auswirkungen im Laufe der Zeit werden den politischen Entscheidungsträgern bei der Bewertung der Kosten und des Nutzens etwaiger zusätzlicher Maßnahmen bei der Abwicklungsdisziplin sicherlich als wichtiges Feedback dienen und dazu führen, dass sich die Branche weiterhin auf die Abwicklungseffizienz konzentriert.
Wir rechnen mit der Veröffentlichung der Einigung zur REFIT-Überprüfung der CSDR im Amtsblatt der EU bis Ende 2023.
Dieser Artikel wurde erstmals im Mai 2022 veröffentlicht. Er wurde zuletzt im August 2023 aktualisiert.